Kochen mit Algen: Rezepte & Tipps für Einsteiger
Zum Repertoire der süddeutschen Küche gehören sie zwar nicht, doch nach Jahren in Asien habe ich eine echte Vorliebe für Algen entwickelt. Und dabei nicht nur für Nori-Algen als essentiellem Bestandteil von Sushi! In Asien kocht man mit so gut wie allen Makroalgen. Wakame finden wir beispielsweise im leuchtend grünen Algensalat mit Sesam. Doch ebenso als Einlage in Miso-Suppe, deren Basis gerne mit der Braunalge Kombu gekocht wird. Hier erfahrt ihr aus erster Hand, wie man mit Algen kocht, wie es riecht, schmeckt und was man auch als Laie Leckeres damit zubereiten kann. Ein paar einfache Rezepte und wichtige Informationen Gesundheit und Jod findet ihr hier obendrein.
Algen: Tipps zu Einkauf und Lagerung
Mittlerweile kannst du in vielen Supermärkten getrocknete Algen kaufen, besonders asiatische Supermärkte haben hier eine größere Auswahl an Algenarten. Frische Algen gibt es teilweise auch an der gut sortierten Fischtheke. Der spezialisierte Online-Handel bietet alles, was sich Liebhaber des gesunden Meeresgemüse wünschen.
Was die Aufbewahrung betrifft, so solltest du wie üblich auf die MHD achten. Wenn du eine Packung mit getrockneten Meeresalgen nicht ganz aufbrauchst, kannst du diese anschließend in einem luftdichten Behälter aufbewahren, da sie sonst schnell feucht werden und ihr Aroma verlieren. Frische Algen sind üblicherweise in Salzlake eingelegt, du musst sie also erst waschen bzw. wässern, bevor du sie zubereiten kannst.. Bitte halte dich sowohl bei der Vorbereitung als auch bei der Lagerung an die Packungsaufschrift.
Kochen mit Algen: so einfach geht’s
Einfach selbst mit Algen zu kochen habe ich mich bisher noch nicht getraut. Doch ein Überraschungspaket mit Dulse, Nori, Wakame, Umibudo & Co. hat mich auf den Geschmack gebracht. Inspiriert durch unseren Beitrag über Algen als Nahrungsmittel hat Michael Hofmann vom Algenladen uns nämlich ein Überraschungspaket mit getrockneten Algen zukommen lassen.
Nun haben wir die Qual der Wahl: Welche Alge soll es denn sein? Rot-, Braun- oder Grünalge? Oder etwas ganz Exotisches wie die Umibudo? Im Folgenden könnt ihr uns beim Kochen mit Algen gewissermaßen auf die Finger schauen. Wir testen hier für euch einfache Rezepte mit Algen.
Dulse oder Lappentang (Rotalge)
Im Deutschen heißt die Rotalge Dulse auch Lappentang, auf Lateinisch Palmaria palmata. Gleich beim Auspacken finde ich beide Bezeichnungen äußerst passend, Lappen, na klar, und der lateinische Name verweist auf die Hand. Vom Aussehen her erinnert mich das lilarote Dulse-Knäuel an einen Wischmop, oder nein, eher noch an Stoff-Verschnitte meiner Oma, die Schneiderin war. Das Knäuel fühlt sich an wie weiches Papier und lässt sich folgerichtig auch zerknüllen ohne zu zerbrechen. Ein für meine Nase dezenter Geruch nach Fisch transportiert mich sofort an einen meiner Lieblingsorte für einen schnellen Lunch in Shanghai zurück und lässt mich an die dort genossenen japanischen Bowls denken.
Nach Herstellerangaben läuft der getrocknete Lappentang zu etwa 5- bis 8-facher Größe des Ursprungs-Knäuels auf. Ballaststoffreich ist er auch, für 100 Gramm Trockenprodukt werden 32 Gramm davon und zudem 12 Gramm Eiweiß angegeben. Kein Proteinweltmeister, aber immerhin.
Zubereitung von „Meeresspeck“ mit Dulse
Also nichts wie ran an den Speck – und zwar ganz wörtlich. Dabei gehe ich als Newbie beim Kochen mit Algen den einfachsten Weg, indem ich erst einmal gar nicht koche. Ich versuche mich nämlich an „Dulse Serrano“, genauso wie der Algenladen es im Rezept-Blog angibt. Dazu schneide ich das Knäuel Lappentang zunächst in Stücke, weiche diese dann ein, trockne sie ab und brate alles anschließend kross an. Alles wie im Rezept beschrieben.
Fast. Ich wollte nämlich schöne, lange Streifen haben – es heißt ja schließlich „Serrano“. Die Dulsestreifen werden beim Braten allerdings mega knusprig. So derartig knusprig, dass ich sie später beim Essen nicht mehr schneiden kann und dabei gleich die Melonenstücke vom Teller katapultiere. Den Tang kratzt das gar nicht. Also esse ich ihn mit den Fingern.
Da ich gleich etwas mehr Lappentang angebraten habe, gibt es am nächsten Tag eine Variation: gebratene Dulse auf Salat. Passt auch gut. Ich esse die krossen Streifen wieder mit der Hand. In meinem Fall war das lateinische „palmata“ hier wohl ein Vorzeichen.
Mein Fazit: Wenn es „mundgerechte Stücke“ heißt, sollte man sich tunlichst daran halten. Die wissen schon, warum. Das Rezept mit der marinierten Melone ist großartig, seitdem gibt es nur noch mit Zitronensaft und Thymianblättchen marinierte Melone bei mir. Ich rate übrigens zu Zitronen- oder Orangenthymian. Muss auch gar nicht zwei Stunden ziehen. Warum die Dulse den Beinamen „Speck aus dem Meer“ trägt, kann ich nicht ganz nachvollziehen. Schmecken tut sie jedenfalls nicht danach. Soll sie meinethalben auch gar nicht. Kross ist sie, also wahrscheinlich deswegen!
Meeresspaghetti oder Riementang (Braunalge)
Als nächstes will ich nun aber wirklich kochen mit Algen. Eine andere Sorte soll es auch sein, daher fällt meine Wahl auf die zu den Braunalgen gehörenden Meeresspaghetti (Himanthalia elongata). Klingt doch gleich viel schöner als das deutsche Riementang! Wie der Name schon sagt, gilt der Riementang als Pasta-Alternative, mache sprechen daher auch von „Algennudeln”.
Beim Öffnen der Packung habe ich gleich mehrere Aha-Erlebnisse. „Spaghetti“ habe ich wohl zu wörtlich genommen. Die oliv- bis braungrünen Stücke sind filigran, sehr schmal und platt, also eher Linguine-ähnlich, aber wesentlich kürzer. Eher wie Nadeln sogar. Sie lassen sich leicht zerbrechen, vielleicht sind sie auch deshalb gar so kurz. Der Geruch ist sehr deutlich, intensiv nach Meer – und der wird beim Einweichen und Kochen noch wesentlich intensiver. Ich muss spontan an einen Strandspaziergang über angespültes Seegras bei sommerlichen Temperaturen in Grottammare denken. Für mich deswegen nicht unangenehm, ist aber sicher Geschmacksache.
Nach Angaben des Herstellers vervierfacht sich die Menge des Trockenprodukts beim Einweichen. Ballaststoffe werden mit 36 Gramm auf 100 Gramm der trockenen Algenstreifen angegeben.
Kochen mit Algen: die richtige Zubereitung der Meeresspaghetti
Nach Anleitung weiche ich die Meeresspaghetti vor dem Kochen etwa 10 Minuten in kaltem Wasser ein. Danach spüle ich sie ab und koche sie in frischem Wasser. Laut Angabe dauert das um die 25-35 Minuten, je nachdem, wie bissfest man die Meeres-Nudeln möchte. Ich sage mal so – ein Problem mit dem Verkochen gibt es hier wohl schwerlich.
Beim Rezept habe ich mich für einen meiner All-Time-Favoriten von Gennaro Contaldo entschieden, nämlich seine großartige und einfache Pasta al Limone. Zitrone harmoniert garantiert mit Algen, stelle ich mir vor. Und das tut es auch, das Ganze passt geschmacklich gut zusammen und ist auch optisch gelungen.
Mein Fazit: Ich hätte die Meeres-Spaghetti wohl noch länger kochen sollen, wir waren am Testabend einfach sehr hungrig und wollten nicht mehr länger warten. Allerdings bin mir nicht sicher, ob das am Biss etwas ändert. Mich hat es nicht gestört, meine Mitessenden fanden, die Algen-Nudeln hätten etwas weicher sein können. Zum Glück habe ich noch genug Riementang für weitere (Nudel-)Experimente!
Umibudo (Grünalge)
Hier haben wir nun Algen, von denen ich noch nie gehört hatte, aber immerhin kennt die englische Wikipedia diese spezifische Art. Caulerpa lentillifera lässt mich vom Namen her sofort an „Linsen“ denken. Man findet sie auch unter den deutschen Bezeichnungen Meerestraube oder Algenkaviar, ferner als Sea Grapes (die Übersetzung des japanischen Umibudo), ebenso wie mit dem philippinischen Namen latô oder dem vietnamesischen rong nho.
Die richtige Zubereitung von Umibudo
Das ist nun mal wirklich eine spannende Sache mit dieser Grünalge! So richtig Makro sieht die übrigens gar nicht aus. In einem etwa 9×9 Zentimeter großen Alupäckchen steckt ein durchsichtiges Tütchen mit etwas Salzlake und einem grünlichen kleinen Knäuel. Ein besonderer Geruch fällt mir hier nicht auf, aber wahrscheinlich bin ich einfach zu gespannt auf die Zubereitung, um auf solche Details zu achten. Wie angegeben, stehen schon eine Schüssel mit einem halben Liter Wasser sowie ein zweites Gefäß mit Eiswasser bereit. Da schütte ich den Tüteninhalt nun hinein und fahre wie angegeben fort. Und dann passiert… genau das hier:
In wenigen Augenblicken verwandelt sich der Inhalt des kleinen Tütchens in einen knackigen, leuchtend grünen Hingucker. Damit das so bleibt, Umibudo immer erst direkt vor dem Servieren auf das Gericht geben.
Nach Angaben des Herstellers haben Umibudo nahezu keine Kalorien und enthält auch sonst nicht viel Nennenswertes. Ob der Hersteller sie deswegen Superfood nennt?! Für mich ist der Begriff anders besetzt, ich verstehe Umibudo eher als dekorative Alge, die aber irgendwie Spaß macht.
Umibudo auf Honigmelone
Wir haben die Meerestraube bisher in zwei Varianten getestet, einmal auf einer Salat-Bowl und dann auf Melone. Diese natürlich mit Zitrone und Thymian mariniert!
Mein Fazit: Allein dem Meereskaviar bei der Entfaltung zuzusehen, ist schon faszinierend. Die Mini-Träubchen sind mit ihrer herrlich leuchtendgrünen Farbe ein toller Hingucker auf Gerichten. Bei richtiger Zubereitung sind Umibudo extrem knackig und an sich wenig salzig.
Sea Grapes sind auf keinen Fall Algen zum Kochen und mögen es auch nicht warm, daher nur für kalte Gerichte verwenden! Selbst dabei muss man aufpassen, denn die Meerestrauben „verwelken“ sehr rasch und verlieren dabei ihre leuchtende Farbe. Immer erst direkt vor dem Verzehr am besten ganz oben auf das Gericht legen, bloß nicht unterrühren. Auch der längere Aufenthalt in meiner Bowl mit Dressing und auf der Melone hat ihnen nicht gutgetan. Oder war es etwa die Säure? Ich werde weiter recherchieren.
Meeresalgen und Jod: das solltest du beachten
Und jetzt kommen wir zur Gretchenfrage, wenn es um Nori, Wakame und Tang-Arten geht: Wie sieht es denn mit dem Jodgehalt aus? Da Algen das im Meerwasser enthaltene Spurenelement häufig in für Menschen zu hohen Mengen speichern können, sollte man dazu ein paar Basics wissen.
Der Jodgehalt variiert zum einen je nach Algenart. So enthalten beispielsweise Nori-Algen nur wenig Jod, Dulse oder Wakame hingegen schon eine mittlere Menge des Spurenelements. Anders als die eben genannten Rot- oder Grünalgen speichern Braunalgen viel davon. Dazu gehören beliebte Algen, die häufig beim Kochen verwendet werden, wie Meeresspaghetti, süßer Kombu oder die Kombu-Alge.
Außerdem beeinflussen verschiedene Faktoren den Jodgehalt in Meeresalgen. Darunter beispielsweise Wasser, Wuchstiefe, Sonneneinstrahlung oder Erntezeitpunkt. Algenprodukte können so einen Jodgehalt zwischen 5 und 11.000 Mikrogramm pro Gramm Trockengewicht aufweisen. Die tägliche Aufnahmeempfehlung an Jod durch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) beträgt für Erwachsene dagegen 200 Mikrogramm (oder 0,2 Milligramm) pro Tag. Daher solltest du beim Kauf von Algenprodukten darauf achten, dass der Hersteller eindeutige Angaben zur Jodmenge und zur maximalen täglichen Verzehrmenge macht.
Eine mit je einer Braun-, Rot- und Grünalgenart durchgeführte, frei zugängliche Studie von 2016 zeigt, wie sich der Jodgehalt bei der Verarbeitung von Meeresalgen verändert. Kaum einen Einfluss haben somit das Waschen und Trocknen, wohingegen beim Einweichen und beim Kochen der Jodgehalt merklich reduziert werden kann. Deswegen bitte das Einweichwasser der Algen nicht zum Kochen weiterverwenden, sondern wegschütten.
Gute Gründe Algen zu essen
Wenn uns die Jod-Thematik bewusst ist und wir beim Kochen Algen gezielt einsetzen, gibt es einige handfeste Gründe Algen in unseren Speiseplan aufzunehmen. Bereits bei den Recherchen zum Post Algen als Nahrungsmittel haben wir gezeigt, warum Algen für uns und die Umwelt prinzipiell gut sind.
- Algen können ohne Einsatz von Dünger, Pestiziden oder Antibiotika gezüchtet werden
- Sie sind ein nachwachsender Rohstoff und dabei erheblich schneller als Pflanzen an Land
- Die Produktion von Algen kann umweltfreundlich und ressourcenschonend erfolgen
- Wenn Wasserqualität und Produktionsbedingungen stimmen, sind Algen reich an Nährstoffen und frei von Schadstoffen
- Algen geben Gerichten Biss und eine besondere Note, sie können auch als Würze dienen
- Sie enthalten Ballaststoffe, hochwertiges Eiweiß und wenig Fett (davon aber teilweise essentielle Fettsäuren).
- Algen enthalten zudem Beta-Carotin und die Vitamine C, E und B12. Für die Bioverfügbarkeit von B12 aus Algen gibt es allerdings noch keine aussagekräftigen Studien.
- Außerdem liefern Algen Mineralstoffe, vor allem Jod (nur Makroalgen!), Zink, Eisen, Selen, Kalium und Calcium
Unser Fazit: Es gibt viele einfache Algen-Rezepte, die lecker schmecken, man kann neue Gerichte entdecken und Bekanntes aufpeppen. Mit der richtigen Dosis Algen können wir uns gesunde Nährstoffe auf den Teller holen und uns einige unnötige Kohlenhydrate wie z.B. durch Weißmehl sparen.