Insekten als Nahrungsmittel: Die Proteinquelle der Zukunft

Insekten gelten schon lange nicht mehr nur als exotische Delikatesse. In vielen Teilen der Welt, insbesondere in Asien, Afrika und Lateinamerika, stehen sie bereits auf dem Speiseplan von rund 2 Milliarden Menschen. Auch in Europa gewinnen essbare Insekten zunehmend an Bedeutung als nachhaltige und nährstoffreiche Alternative zu konventionellem Fleisch.

Insekten in der EU als neuartige Lebensmittel zugelassen

Seit 2021 hat die Europäische Union mehrere Insektenarten als neuartige Lebensmittel zugelassen, darunter Mehlwürmer, Grillen, Heuschrecken und Buffalowürmer. Diese dürfen nun sowohl in Pulverform verarbeitet als auch als Ganzes verkauft werden. In der Schweiz sind Speiseinsekten sogar schon seit 2017 erlaubt.

Insektenhaltige Lebensmittel müssen klar gekennzeichnet sein. Die verwendete Insektenart muss mit deutschem und lateinischem Namen in der Zutatenliste aufgeführt werden. Allergiker sollten jedoch vorsichtig sein, da Insekten Kreuzreaktionen auslösen können, insbesondere bei Allergien gegen Krebstiere und Hausstaubmilben.

Vorteile der Insektenzucht für Nachhaltigkeit und Klimaschutz

Im Vergleich zur konventionellen Fleischproduktion hat die Insektenzucht viele ökologische Vorteile. Die Tiere benötigen deutlich weniger Platz, Wasser und Futter und verursachen kaum Treibhausgasemissionen. Laut Studien produzieren Insekten 100-mal weniger Treibhausgase als Rinder und benötigen nur ein Zwölftel des Futters verglichen mit Rindfleisch. Auch unter Tierschutzaspekten schneiden Insekten besser ab, da sie ein weniger ausgeprägtes Schmerz- und Leidempfinden haben.

Darüber hinaus sind Insekten äußerst nährstoffreich. Sie enthalten hochwertiges Eiweiß mit allen essentiellen Aminosäuren, ungesättigte Fettsäuren, Ballaststoffe und Mikronährstoffe wie Eisen, Zink und Magnesium. Damit können sie einen wertvollen Beitrag zu einer gesunden und nachhaltigen Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung leisten.

Einsatz als proteinreiches und nachhaltiges Tierfutter

Neben dem direkten Verzehr durch den Menschen eignen sich Insekten auch hervorragend als Tierfutter, insbesondere für Fische, Geflügel und Schweine. Sie können Fischmehl und Soja als Proteinquelle ersetzen und so die Überfischung der Meere und die Rodung von Regenwäldern für den Sojaanbau eindämmen.

Das Schweizer Unternehmen Entomos AG setzt bereits auf die industrielle Insektenzucht für die nachhaltige Fischproduktion. In Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) entwickelt es ökologisches „Madenfutter“ als Alternative zu konventionellem Fischmehl. Auch in Österreich forscht die Firma Livin Farms an effizienten Methoden zur gewerblichen Zucht proteinreicher Mehlwürmer für Fischfutter und Heimtiernahrung.

Insekten erobern den Lebensmittelmarkt

Immer mehr Hersteller bringen Lebensmittel mit Insekten auf den europäischen Markt. Dabei haben sich verschiedene Produktkategorien etabliert:

• Ganze Insekten: Naturbelassene oder gewürzte Insekten zum Snacken oder Kochen, meist gefriergetrocknet. Anbieter sind z.B. Snack-Insects, Essento oder Micronutris.
• Insektenmehl: Gemahlene Insekten als proteinreiche Zutat für Backwaren, Nudeln, Müsli oder Shakes. Hersteller sind u.a. Plumento Foods, Bugfoundation oder Swarm Nutrition.
• Insekten-Convenience-Produkte: Fertiggerichte wie Insektenburger, -bällchen, -riegel oder -pasta, die Insekten bereits enthalten. Beispiele sind der „Bux Burger“ von Bugfoundation oder die „Insekten-Nudeln“ von Plumento Foods.
• Insekten-Snacks: Knabberwaren wie Chips, Kekse oder Schokolade mit verarbeiteten Insekten. Solche Produkte bieten etwa Snack Insects, Essento oder Zirpsnacks an.

Auch in der Gastronomie finden Speiseinsekten zunehmend Verwendung. Immer mehr Restaurants setzen die Krabbeltiere kreativ in Szene – sei es als knuspriger Topping, im Burger-Patty oder in der Pasta. Food-Trucks und Street-Food-Märkte tragen zusätzlich dazu bei, Insekten als Trend-Lebensmittel zu etablieren. Eine Liste von Insekten-Restaurants in Deutschland findet sich auf Wuestengarnele.de.

Verbraucherakzeptanz noch ausbaufähig

Trotz des wachsenden Angebots stehen viele Verbraucher Insekten-Lebensmitteln noch skeptisch gegenüber. Ekel und Vorbehalte sind weit verbreitet. Umfragen zeigen jedoch, dass die Akzeptanz steigt, je verarbeiteter die Insekten sind. Während ganze Grillen abschrecken, können sich deutlich mehr Menschen für Riegel oder Shakes mit Insektenmehl begeistern.

Um Insekten zum Durchbruch zu verhelfen, sind daher noch viel Aufklärung und Überzeugungsarbeit nötig. Experten sehen vor allem die jüngere Generation offener für den Verzehr der Krabbeltiere. Probieraktionen, Kochshows und Informationskampagnen können dazu beitragen, Insekten als nachhaltige und leckere Proteinquelle zu etablieren.

Auch rechtliche Hürden und Fragen der Lebensmittelsicherheit müssen noch geklärt werden, bevor Insekten in großem Stil gezüchtet, verarbeitet und verkauft werden können. Mit diesen Herausforderungen beschäftigen sich heute bereits zahlreiche Institutionen und Unternehmen. Ziel ist es, geeignete Technologien für die effiziente und hygienische Massenproduktion von Speiseinsekten zu entwickeln.

Insekten haben Potenzial

Insekten haben das Potenzial, sich als nachhaltige und nährstoffreiche Proteinquelle der Zukunft zu etablieren. Sowohl für die menschliche Ernährung als auch als Tierfutter bieten sie viele Vorteile gegenüber konventionellem Fleisch. Sie können einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherheit, zum Klimaschutz und zur Schonung natürlicher Ressourcen leisten.

Noch stehen dem Durchbruch in Europa kulturelle Vorbehalte, rechtliche Hürden und technologische Herausforderungen im Weg. Doch mit zunehmender Akzeptanz, Verfügbarkeit und Weiterentwicklung der Produktionsmethoden könnte sich dies in den nächsten Jahren ändern. Insekten auf dem Teller – eine Zukunftsvision, die immer mehr zur Realität wird.